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Independence Day: Time for a European Internet?
Central and Eastern European eGovernment and eDemocracy Days 2015, 07.-08. Mai 2015

In Reaktion auf die zahlreichen Enthüllungen über Verletzungen der Privatsphäre und des Datenschutzes, die in jüngster Zeit gemacht wurden, werden momentan verschiedene Lösungsansätze diskutiert bzw. implementiert: EU-Datenschutzbestimmungen sollen auch extraterritorial gelten; deutsche Internetprovider bieten Internet „Made in Germany“ an und aus Frankreich und Deutschland kommen Forderungen nach einem „europäischen Internet“. Ausgehend von diesen aktuellen Diskussionen wurde „Independence Day: Time for a European Internet?“ als Leitfrage für die am 07. und 08. Mai stattfindende internationale Konferenz CEE eGov & eDem Days 2015 gewählt. Die Tagung bestand aus mehr als 20 Sektionen und Workshops, die an der Nationalen Universität für den Öffentlichen Dienst Budapest (NKE) abgehalten wurden, sowie einer abendlichen Podiumsdiskussion an der Andrássy Universität Budapest (AUB), die die Leitfrage „Time for a European Internet?“ zum Thema hatte.

Unter den mehr als 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung waren Wissenschaftler aus den Rechts-, Verwaltungs- und Politikwissenschaften und der Informatik und Informationstechnik sowie Experten aus der politischen und administrativen Praxis. In den Sektionen und Workshops der Konferenz wurden sowohl die Leitfrage der Tagung als auch allgemeine theoretische und praktische Aspekte des eGovernments und der eDemocracy behandelt und diskutiert. Die Themenschwerpunkte der Sektionen des ersten Konferenztages lagen bspw. auf „Citizen Information“, „Open Data“, oder „eGovernment and EU“. Parallel zu den Sektionen der Tagung fand der Workshop des European Committee on Democracy and Governance (CDDG) des Europarats statt, der von Dr. Alexander Balthasar (Leiter des Instituts für Staatsorganisation und Verwaltungsreform im Bundeskanzleramt Österreich) organisiert und durchgeführt wurde. Der CDDG-Workshops befasste sich mit der Nutzung von e-Tools im Rahmen der Bürgerbeteiligung und bot Wissenschaftlern sowie Regierungs- und Verwaltungsvertretern, die aus zahlreichen Mitgliedsstaaten des Europarats angereist waren, eine Plattform des Austausches.

Weitere Workshops der Tagung setzten sich mit Grundfragen des eGovernments und der eDemocracy auseinander. In dem von Prof. Dr. Johannes W. Pichler (Professor für Europäische Rechtsentwicklung an der Karl-Franzens-Universität Graz; Direktor des Österreichischen Instituts für Europäische Rechtspolitik Salzburg) geleiteten Workshop „Participatory Democracy in the EU“ wurde u.a. das Verhältnis zwischen (in den EU-Vertragstexten formuliertem) Anspruch und der Wirklichkeit der elektronischen Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene beleuchtet. Der ebenfalls unter der Moderation von Prof. Dr. Pichler abgehaltene Workshop „The Dialogue on Values and Culture under Article 17 (3) TFEU“ setzte sich mit der Wertebasis der EU und des Dialogs über diese Werte auseinander. Weiterhin gab es einem gemeinsamen Workshop der AUB, der NKE und der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, in dem Studierende dieser Hochschulen Ergebnisse eigener Forschungsprojekte vorstellten.

Am Ende des ersten Tagungstages diskutierten vier Experten aus Deutschland, Österreich und Ungarn unter der Moderation von Blaž Golob (GoForeSight Institute, Slowenien) im Spiegelsaal der AUB die Leitfrage der Tagung: „Time for a European Internet?“. In seinem Eröffnungsstatement führte Frederick Richter (Präsident der Bundesstiftung Datenschutz, Deutschland) aus, dass, bevor die Frage „Time for a European Internet?“ beantwortet werden könne, geklärt werden müsse, was unter dem Begriff „europäisches Internet“ zu verstehen sei. Richters Auffassung, dass der Begriff „europäisches Internet“ schlechterdings als technisch-infrastrukturell getrenntes Internet verstanden werden könne, sondern sich auf die politisch-juristische Regulierungsdimension beziehen müsse, fand auf dem Podium einhellige Zustimmung. Claudia Luciani (Generaldirektion Demokratie im Generalsekretariat des Europarates) betonte, dass es sich beim „europäischen Internet“ nicht um eine „Firewall um Europa“ handeln könne, sondern nur um den Schutz der individuellen Privatsphäre und persönlicher Daten. Aus primär sicherheitspolitischer Sicht gingen Péter Siklósi (Stv. Staatssekretär für Verteidigungspolitik, Ungarn) und Friedhelm Frischenschlager (ehem. österreichischer Bundesministers für Landesverteidigung und MdEP) auf die politisch-juristische Regulierungsdimension des „europäischen Internets“ ein. Frischenschlager hob hervor, dass eine gemeinsame europäische IT-Strategie notwendig sei, um aktuellen Gefahren, wie bspw. dem Cyberkrieg, begegnen zu können. Siklósi stellte insbesondere die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen europäischen Staaten und den USA heraus. Eine verstärkte Trennung der elektronischen Kommunikation zwischen Europa und den USA, die seit dem NSA-Skandal nicht zuletzt in Deutschland gefordert wird, kann aus Sicht Siklósis nicht die Lösung sein. Cyberattacken – bspw. ausgehend von Russland oder China – oder auch die Rekrutierung von Dschihadisten über das Internet seien globale Herausforderungen, denen westliche Demokratien nur gemeinsam und in Kooperation begegnen könnten. „Die USA und Europa sitzen in dieser Sache im selben Boot!“, fasste Siklósi seine Position zusammen. Claudia Luciani betonte abschließend, dass Europa immer die Prinzipien der Demokratie und der Menschenrechte beachten müsse. „Wenn wir diesen Gefahren begegnen, dürfen wir die menschlichen Grundrechte nie aus dem Blick verlieren.“

Am zweiten Tag der Konferenz wurde der interdisziplinäre und internationale Austausch zwischen Theorie und Praxis in Sektionen zu „eGovernment“, „Cyber Security“, „eEducation“ sowie zur Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene („European Citizens’ Initiative“ / „Empowering Citizens“) fortgesetzt. Die AUB war u.a. in der Sektion „Age and the Digital Divide“ vertreten. Dort stellten Janina Apostolou und Csilla Szentiványi (beide wissenschaftliche Mitarbeiterinnen an der AUB) in ihrem Vortrag „(Re-)Activating senior citizens – the potential of online job portals in Hungary“ Möglichkeiten und Grenzen des Vorhabens, ältere Menschen mittels elektronischer Stellenbörsen in den ungarischen Arbeitsmarkt zu integrieren, dar. In der „closing session“ des zweiten Konferenztages wurden schließlich die besten Tagungsbeiträge ausgezeichnet. Prof. Dr. Hiroko Kudo (Bocconi Universität Mailand, Italien) gewann für ihren Beitrag „Reinventing Panopticon to Reconsider the Safety and Security vs. Privacy Issue: Ontological approach to examine surveillance“ den Preis für das beste theoretische Paper. Der Preis für das beste praktisch ausgerichtete Paper ging an Prof. Heungsuk Choi und Kyungsoo Lee (beide Korea Universität Seoul, Südkorea) für Ihren Beitrag „The Efficiency of e-Participation and Mobilization of Bias: A South Korean experience?“. Den Publikumspreis gewann Matija Miloš (Universität Rijeka, Kroatien) für seinen Beitrag „Functions and perspectives of the right to be forgotten by a search engine”.

Organisiert wurden die Central and Eastern European eDemocracy and eGovernment Days 2015 vom Bundeskanzleramt Österreich, dem GoForeSight Institute (Slowenien), der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, der Nationalen Universität für den Öffentlichen Dienst Budapest, der Österreichischen Computergesellschaft, dem Österreichischen Institut für Europäische Rechtspolitik und der Andrássy Universität Budapest. Der Dank der Organisatoren gilt den Kooperationspartnern und Sponsoren der Konferenz – namentlich der Konrad-Adenauer-Stiftung, Büro Budapest, und dem Österreichischen Kulturforum Budapest (Kooperationspartner) sowie der Baden-Württemberg Stiftung und Austrian Airlines (Sponsoren). Die erfolgreiche Kooperation im Rahmen der CEE eGov & eDem Days soll auch 2016 fortgesetzt werden. Die nächsten CEE eGov & eDem Days werden am 12. und 13. Mai 2016 unter dem Thema „Multi-Level-eGovernance“ an der AUB und der NKE stattfinden.

Einen Video-Mitschnitt der Podiumsdiskussion finden Sie hier.

Text: Tim Kraski

Fotos: Balázs Szecsődi

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