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Projekt

Resilienz börsennotierter Unternehmen – Einflussfaktor Corporate Governance

Dieses österreichisch-ungarische Kooperationsprojekt, gefördert von der Stiftung Aktion Österreich-Ungarn, geht der Frage nach, wie Corporate Governance die Resilienz von Unternehmen in Österreich und Ungarn beeinflusst.

Problemstellung und Zielsetzung:

Das Umfeld von Unternehmen ist zunehmend durch Volatilität, Unsicherheit und Komplexität sowie zahlreiche Herausforderungen (z.B. Corona-Pandemie, Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg) geprägt (McCausland, 2022; Worley und Jules, 2020). Resilienz und die Treiber zur Erhöhung von Resilienz stehen daher im Mittelpunkt zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen sowie im Zentrum der Aufmerksamkeit von Unternehmen, um sich dem immer unsicherer und turbulenter werdenden Unternehmensumfeld (Stichwort: VUCA-Welt) besser stellen zu können (Beninger und Francis, 2022). 

Unter der Resilienz einer Organisation wird die Fähigkeit verstanden, ihre Funktionen aufrecht zu erhalten und sich durch Mobilisierung und Zugang zu den dafür erforderlichen Ressourcen rasch in schlechten ökonomischen Zeiten zu erholen (Hillmann und Guenther, 2021). Teilweise wird dies jedoch um eine proaktive, antizipative Komponente ergänzt, sodass Resilienz nicht nur die Fähigkeit umfasst, negative Ereignisse zu bewältigen und sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen, sondern auch die Kompetenz, potentielle Gefahren zu antizipieren (Duchek, 2020).

Aus einer prozess-orientierten Perspektive heraus betrachtet ist Resilienz ein originär dynamisches Konzept, das Fähigkeiten des Unternehmens vor, während und nach der Krise umfasst (Duchek, 2020). In einer ersten Phase geht es um die Antizipation kritischer Entwicklungen und potentieller Gefahren und die Stärkung der Vorsorge und der Bereitschaft auf Krisen angemessen reagieren zu können. Zur Stärkung der Resilienz sollten Unternehmen Entwicklungen vorhersehen, um gezielt ein Präventionskonzept und präventive Maßnahmen abzuleiten. Dabei sind die Fähigkeiten zur Beobachtung interner und externer Entwicklung, zur Identifikation kritischer Entwicklungen und potentieller Bedrohungen und zur Vorbereitung auf unvorhergesehene Ereignisse von hoher Relevanz (Eichholz, 2021), die eng mit dem Risikomanagement verbunden sind (Duchek, 2020). Durch das daraus resultierende größere Bewusstsein für potentielle Gefahren aber auch die höhere Sensibilisierung sollten Unternehmen besser auf Krisen vorbereitet sein und Bedrohungen entgehen oder deren negative Konsequenzen minimieren. Gleichzeitig bilden diese antizipierenden Fähigkeiten die Basis für eine effektive Antwort, sollte es zu einem negativen Ereignis oder einer Krise kommen (Durchek, 2020). Ist eine solche Bedrohungslage Realität, steht die Bewältigung dieser akuten Krise im Vordergrund. Hier ist zuerst die Fähigkeit gefragt, die Krisensituation zu akzeptieren, um rasch zu reagieren. 

Im zweiten Schritt gilt es, Lösungen für die Krise zu entwickeln und zu implementieren. Dabei bedarf es Kreativität und Flexibilität einerseits sowie Steuerung und Koordination andererseits (Duchek, 2020; Eichholz, 2021). Nach überstandener Krise muss sich das Unternehmen an die neue Situation anpassen. Hier sind Fähigkeiten zur kritischen Reflexion und zum Lernen sowie zur Initiierung des Wandels des Unternehmens von hoher Bedeutung (Duchek, 2020). Für beides sind geeignete Strukturen im Unternehmen erforderlich (Eichholz, 2021).

Hier liefern Ansätze der Corporate Governance wichtige Impulse. Corporate Governance bezeichnet die „Organisation der Leitung und Kontrolle eines Unternehmens mit dem Ziel des Interessenausgleichs zwischen den beteiligten Anspruchsgruppen“ (Witt 2003, 1). Zentrale Aufgabe der Corporate Governance ist es, die Lenkung und Kontrolle des Unternehmens so zu gestalten, dass die Effizienz und Effektivität des Unternehmens sichergestellt ist (Filatotchev und Boyd 2009). Dementsprechend ist es aus der Perspektive der Corporate Governance essentiell, eine Krise bestmöglich zu bewältigen und gestärkt aus ihr hervorzugehen, und damit Resilienz gegenüber negativen Einflüssen sicherzustellen. Einen erheblichen Einfluss darauf, wie diese Aufgabe erfüllt wird, hat die Ausgestaltung der Corporate Governance im Unternehmen wie die Eigentümerstruktur, Exekutiv- und Aufsichtsgremien, die Ausgestaltung von Entlohnungs- und Anreizsystemen sowie das Berichtswesen und die Informationsversorgung (Uhlaner et al. 2007; Ulrich 2011). Insbesondere in Bezug auf die letzten beiden Mechanismen kommt dem Risiko- und Krisenmanagement, die eng mit der Resilienz verbunden sind (Duchek 2020), eine hohe Bedeutung zu.

Sowohl auf die Ausgestaltung des Risiko- aber auch des Krisenmanagements haben die Führungskräfte und Aufsichtsgremien erheblichen Einfluss, auch die Eigentümerstruktur beeinflusst deren Ausprägung (Filtotchev und Toms 2006; Hiebl et al. 2019; Mitter et al. 2022). Beispielweise würde eine diversere Gestaltung von Führungsteams und Aufsichtsgremien umfangreichere Perspektiven und Diskussionen ermöglichen (Duchek 2020), was wohl positive Effekte auf die Resilienz eines Unternehmens haben könnte. 

Vor diesem Hintergrund stellt sich das Forschungsprojekt folgenden Forschungsfragen und geht hierbei insb. erstmalig empirisch gemeinsam in den Ländern Österreich und Ungarn vor:

  • Welche Governance-Mechanismen beeinflussen die Resilienz börsennotierter Unternehmen in Österreich und Ungarn sowie in einem direkten Vergleich?
  • Welche Ausgestaltungsformen der Corporate Governance fördern die Resilienz börsennotierter Unternehmen in Österreich und Ungarn sowie in einem direkten Vergleich?
  • Beeinflussen Risikomanagementsysteme innerhalb von österreichischen und ungarischen Unternehmen und eine damit verbundene Sensibilisierung gegenüber bestimmten Risiken deren Resilienz?

Durch die Beantwortung dieser Forschungsfragen soll das Forschungsprojekt ein besseres Verständnis für die Corporate-Governance-Faktoren insb. in Österreich und Ungarn  schaffen, die zur Förderung der Resilienz dort börsennotierter Unternehmen beitragen, und auf die Unternehmen zur Überwindung der Krise im Idealfall zurückgreifen können. 

Aktuell befindet sich das Projekt in der Datensammlungsphase und steht unmittelbar vor der Auswertungsgenerierung sowie der Aufbereitung der Ergebnisse. Es ist im Juni 2024 mit einer ersten Veröffentlichung von Ergebnissen zu rechnen. Es wird angestrebt auf Grund der Erstmaligkeit einer solchen Untersuchung für Österreich und Ungarn die Ergebnisse auf hochrangigen Tagungen im In- und Ausland vorzustellen.

 

Literaturverzeichnis

Amore, M. D., Pelucco, V. und Quarato, F. (2022): Family ownership during the Covid-19 pandemic, Journal   of Banking & Finance, 135. Jg., Februar 2022, Article 106385.

Beninger, S. und Francis, J. N. (2022): Resources for business resilience in a COVID-19 world: A community-centric approach, Business Horizons, 65. Jg., Nr. 2, 227-238.

Block, J. und Ulrich, L. (2022): Are family owners and managers good stewards in global crises? Evidence from stock market reactions to Covid-19, Journal of Family Business Strategy,  https://doi.org/10.1016/j.jfbs.2022.100534.

Buchner, M., Kuttner, M., Mitter, C. und Sommerauer, P.(2021): Resilienz von Familienunternehmen: Eine systematische Literaturanalyse, BFuP – Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 73. Jg., Nr. 3, 225-252.

Duchek, S. (2020): Organizational resilience: a capability-based conceptualization, Business Research, 13. Jg., Nr. 2, 215-241.

Eichholz, J. (2021): Resilienz, Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, 33. Jg., Nr. 2, 83-84.

Filatotchev, I. und Boyd, B. K. (2009): Taking Stock of Corporate Governance Research While Looking to the Future, Corporate Governance: An International Review, 17. Jg., Nr. 3, 257–265.

Filatotchev, I. und Toms, S. (2006): Corporate Governance and Financial Constraints on Strategic Turnarounds, Journal of Management Studies, 43. Jg., Nr. 3, 407–433.

Hiebl, M. R., Duller, C., & Neubauer, H. (2019). Enterprise risk management in family firms: evidence from Austria and Germany, The Journal of Risk Finance, 20. Jg., Nr. 1, 39-58.

Hillmann, J. und Guenther, E. (2021): Organizational resilience: a valuable construct for management research?, International Journal of Management Reviews, 2021, 23. Jg., Nr. 1, 7-44.

McCausland, T. (2022): Innovating in a VUCA World, Research-Technology Management, 65. Jg., Nr. 6, 57-58.

Mitter, C., Walcher, M., Mayr, S. und Duller, C. (2022): Bankruptcy at family and non-family firms: do they fail differently?, Journal of Family Business Management, 12. Jg., Nr. 4, 1096-1112.

Uhlaner, L., Wright, M. und Huse, M. (2007): Private Firms and Corporate Governance: An Integrated Economic and Management Perspective,  Small Business Economics, 29. Jg., Nr. 3, 225–241.

Ulrich, P. (2011): Corporate Governance in mittelständischen Familienunternehmen: Theorien, Feldstudien, Umsetzung, Wiesbaden.

Witt, P. (2003): Corporate Governance-Systeme im Wettbewerb, Wiesbaden.

Worley, C. G. und Jules, C. (2020): COVID-19’s uncomfortable revelations about agile and sustainable organizations in a VUCA world, The Journal of Applied Behavioral Science, 56. Jg., Nr. 3, 279-283.

  

Externe(r) Projektleiter(Innen): Prof. (FH) Dr. habil. Christine Mitter (FH Salzburg)
Wissenschaftsbereich(e): Wirtschaftswissenschaft
Status des Projektes: Aktiv
Projektbeginn: 1. Juli 2023
Projektende: 30. Juni 2024
2024-3 April 2024 2024-5
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