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Opfer und Täter: Was können wir aus der Geschichte lernen?
Andrássy Universität Budapest
Online Podiumsgespräch „Opfer und Täter: Was können wir aus der Geschichte lernen?“ mit Teilnahme von Dr. Markus Roschitz, AUB-Oberassistent

Die Kulturinitiative Kürbis in Wies lud am 23. April zu einem via Livestream übertragenen Podiumsgespräch, bei dem die Frage „Opfer und Täter: Was können wir aus der Geschichte lernen?“ geklärt werden sollte. AUB-Oberassistent Dr. Markus Roschitz stellte sich dieser Diskussionsrunde.

https://www.youtube.com/watch?v=7rzAIwmgA18

An der von Gregor F. Waltl (bekannt aus ServusTV und ORF) moderierten Diskussion, nahmen neben Dr. Markus Roschitz noch Dr. Alexandra Kofler, die Schriftstellerin Alexa Wild und Dr. Herbert Kriegl teil. Während dem über eine Stunde andauernden Gespräch, an der sich Zuschauerinnen und Zuschauer via Chat-Funktion rege beteiligten, wurde ein breites Spektrum an Themen zur Geschichte, Geschichtswissenschaft und deren Aufgaben diskutiert.  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos: © Christian Koschar

Eröffnet wurde der Abend mit der Frage, was aus der  Geschichte gelernt wurde bzw. gelernt werden kann. Roschitz, dessen Forschungsschwerpunkt auf Mikrogeschichte liegt, verwies auf den Umstand, dass historische Situationen zwar gewisse Parallelen aufweisen können, die jeweilige Konstellation aber immer einmalig ist, weshalb die zu begegnenden Herausforderungen variieren. Trotzdem können Tendenzen erkannt und durch einen Rückblick in die Geschichte versucht werden, Problemstellungen mit Voraussicht und entsprechender Vorsicht anzugehen. Wirklich verstanden werden kann Geschichte immer nur retrospektiv. Der Geschichtsschreibung geht ein Selektionsprozess voraus, in dem Sichtweisen und Machtverhältnisse, neben anderen Aspekten, zentrale Rollen spielen. Es ist daher nicht primär Aufgabe der Historikerinnen und Historiker festzustellen, was wir aus der Geschichte lernen können, sondern Aufgabe ist zuerst immer, möglichst genau und richtig darzustellen, wie es gewesen ist. Aus dem so gewonnenen Faktenwissen werden Erkenntnisse gezogen, die für den Umgang mit der Gegenwart wichtig sind.

Dies lieferte das Stichwort für die aktuell vorherrschende Krisenzeit, die im Podium besprochen wurde. Roschitz stellte fest, dass gewisse sozialpolitische Parameter – etwa hohe Arbeitslosigkeitszahlen, allgemeine Perspektivenlosigkeit und instabile politische Verhältnisse – eine Demokratie potentiell gefährden. Deshalb tut die Politik gut daran, die Menschen einzubinden. Ein gut ausgebautes Bildungssystem, wozu eine philosophisch-humanistisch Ausrichtung gehört, trägt dazu bei, vor Extremen zu bewahren. In der Philosophie gibt es vorläufige Wahrheiten, die grundsätzlich falsifizierbar sind und nur bis zur Falsifikation Gültigkeit haben. Jede Form der Ideologie gilt es zu hinterfragen. Historische Bildung bewahrt in der Tendenz vor extremem Denken und einer blinden ideologischen Brille. Das ist auch eine Funktion der Geschichte: Zu wissen, wo wir nicht hinwollen.

Ein weiteres Thema des Abends betraf den Einfluss der Medien, objektive Berichterstattung und das Problem von Fake-News. Roschitz verwies darauf, dass eine Fälschung bei einer selektiven, übersimplifizierenden Darstellung beginnt. Deshalb ist es Aufgabe der akademischen Geschichtsschreibung – die ein schwarz-weiß-Denken ausschließt – die vergangene Wirklichkeit möglichst in ihrer Komplexität und Gesamtheit darzulegen. Alexandra Kofler und Markus Roschitz stimmten überein, dass die Beschaffenheit der Medienlandschaft der Jetztzeit mit jener aus den 1930er Jahren nicht vergleichbar ist. Heute sind die Möglichkeiten, sich umfassend zu informieren, gegeben.

Die Abschlussrunde bildete die Frage an die Diskutierenden, was man in 100 Jahren aus der gegenwärtigen Krise lernen könne. Herbert Kriegl stellte fest, dass jede Zeit ihre Form, ihre Klangfarbe und ihre Sprache hat. Alexa Wild verwies auf den notwendigen Abstand, den es braucht, um eine Situation richtig beurteilen zu können. Die Journalistin Alexandra Kofler betonte die Wichtigkeit, die richtigen Fragen zu stellen, denn nur dort, wo jemand Fragen stellt, wird Geschichte geschrieben. Roschitz schloss mit einem Gedankengang im Sinne des Philosophen Karl Popper. Welche Schlüsse die Historikerinnen und Historiker in 100 Jahren über 2021 ziehen werden, können wir nicht wissen, aber dass diese Zeit identitätsstiftend ist und sein wird, sei gewiss.

 

2024-2 März 2024 2024-4
 
 
 
 
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