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Gleichstellungsfragen und die ungarischen Parteien
Andrássy Universität Budapest
Eszter Kováts über die Ergebnisse ihrer Gender-Forschung

Die Gleichstellung von Frau und Mann in der heutigen Gesellschaft, Machtfragen und die politische Repräsentation der Frau – dies waren die Themen der Veranstaltung „Gleichstellungsfragen und die ungarischen Parteien“ des 13. Dezembers im Andrássy-Saal der AUB. (Andrássy Universität Budapest)

Organisiert wurde der Abend vom interuniversitären Netzwerk Politischer Kommunikation (netPOL) und Melani Barlai, Wissenschaftlicher Mitarbeiterin in der Politikwissenschaft der AUB. Geladen war Eszter Kováts, Leiterin des Projektes „Gendergerechtigkeit in Ostmitteleuropa“ der Friedrich-Ebert-Stiftung Büro Budapest und Dissertantin an der Eötvös-Loránd-Universität Budapest, die über ihr gesammeltes Wissen zum Thema Frauen in der heutigen Politik und Gesellschaft referierte.

In Zeiten wie diesen ist sexuelle Belästigung bei Frauen ein großes Thema: Erst der im Oktober 2017 stattgefundene Weinstein-Skandal bewegte die halbe Welt. Der berühmte US-amerikanische Filmproduzent Harvey Weinstein, bekannt für zahlreiche Hollywood-Klassiker und Blockbuster (darunter z.B. Paddington, Scary Movie, Der Herr der Ringe, Der Vorleser oder Kill Bill),  wurde beschuldigt, zahlreiche Frauen – unter ihnen viele Schauspielerinnen wie Gwyneth Paltrow oder Angelina Jolie, sexuell belästigt, genötigt oder gar vergewaltigt zu haben. Daraus entstand in den Sozialen Medien eine große Kampagne namens „#metoo“, in der sich Mädchen und Frauen der ganzen Welt, die sich schonmal als Opfer sexueller Belästigung sahen, mit dem Posten des Hashtags dazu bekannten und als Internet-Gemeinde zusammenstanden.

Eszter Kováts ging nach Begrüßungsworten von Prof. Dr. Ellen Bos, Prorektorin der AUB für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, zuerst auf die Betrachtung des Gender Equality Indexes 2017 des Europäischen Institutes für Geschlechterfragen ein. Dort falle eines auf: Ungarn belege den vorletzten Platz, Platz 27 von 28. In den Kategorien Arbeit, Geld, Wissen, Zeit, Macht und Gesundheit könne man ablesen, dass Ungleichheit Fakt sei und nicht bloß ein Gefühl der Unterdrückung oder eine andere Emotion. Laut Kováts müsse man sowohl die horizontale Segregation des Arbeitsmarktes, also wie erwähnt die Zahlen des unterschiedlichen Verdienstes bei Frau und Mann im gleichen Beruf, als auch die vertikale Segregation, also das Erlangen der Macht im Vergleich der Geschlechter, betrachten.

Gerade in der Politik ist die Frage nach der Machterlangung schwer: Der Frauenanteil in europäischen Parlamenten beträgt im Durchschnitt 27,2 Prozent – in Ungarn allerdings nur 10%. Seit 1990 ist Ungarn von dieser Zahl nicht mehr weggekommen. Keiner der Minister in Ungarn ist eine Frau.

Oft stelle man sich, wie Kováts berichtete, die Frage, ob die Frau an die Sache der Machterlangung mit einem falschen Bewusstsein heranginge. Wenn sie zum Beispiel mit ihrem Kind zu Hause bleiben wolle und nicht arbeiten wolle, habe sie dann die Emanzipation noch nicht entdeckt? Andererseits sei Macht auch eine hohe Arbeitsbelastung – wenn Parlamentssitzungen erst abends um 22 Uhr stattfänden, sei es für viele Frauen wegen der Familie nicht möglich, daran teilzunehmen.

Handele es sich aber trotzdem um eine sexistische Regierung? Es könne ja sein, dass Frauen überhaupt nicht an Politik interessiert seien. Jedoch, so Kováts, spreche dagegen, dass, je weiter runter man auf der Kommunalebene ginge, desto mehr Frauen dort in politischen (Führungs-)Positionen zu finden seien. Die Mitarbeit in NGO’s – was man auch als Politik sehen müsse – sei ebenfalls von vielen Frauen geprägt. Je größer die Macht und der Einflussbereich jedoch werde, desto größer werde der Männeranteil.

Das Argument der Meristokratie – also „das Geschlecht zählt nicht“ – sei nicht ambitioniert genug. Viele würden laut Kováts keinen Ausgleich schaffen wollen, da man sonst ja auch einen Ausgleich schaffen müsse in der Frage nach Brillenträgern und Nicht-Brillenträgern o.ä., was allerdings nicht zähle. Ein anderes Argument sei laut der Forscherin auch, dass man Wähler ja nicht beeinflussen könne. Die Wähler entschieden nicht nach dem Geschlecht: „Ich entscheide mich ja auch nicht dazu, jemanden aus der Jobbik zu wählen, nur, weil es ausnahmsweise eine Frau ist.“ Menschen wählten parteiorientiert und nicht geschlechtsorientiert. Damit die Frauen in der Politik jedoch trotz allem nicht verloren gingen, sei ein Umdenken nötig.

Bericht von Zita Hille

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