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Freie Meinungsäußerung - Strukturfragen des Schutzgegenstandes
Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften
Vortrag von Prof. Dr. Bezemek zu den Erkenntnissen seiner Habilitationsschrift.

Aus einer rechtsvergleichenden Analyse der Definitionen des Schutzgegenstandes in der US-Verfassung und der EMRK schloss Prof. Dr. Bezemek, dass der Schutzbereich jeweils unterschiedlich inhaltlich aufgebaut sei. Grundlegend machte er am 27. April 2016 an der AUB deutlich, dass das europäische Verständnis des Schutzbereichs der freien Meinungsäußerung sehr eng gefasst sei, da man die Unterscheidung in Meinungsäußerung und Tatbestandsäußerung treffe. Wohingegen das amerikanische Verständnis des Schutzbereichs offen sei für weitere Tatbestände.

Auf dieser Erkenntnis aufbauend beschäftigte sich Prof. Bezemek in seiner Arbeit mit der Grenze zwischen Meinungsäußerung und Tatbestandsäußerung im Sinne des Art. 10 EMRK. Seiner Auffassung nach sei eine Abgrenzung kaum möglich, da man den Schutzbereich als Ganzes betrachten müsse. Dann – so Prof. Bezemek – sei die freie Meinungsäußerung für diverse Tatbestände offen und der Schutzgegenstand gehe über die „Schein-Dichotomie“, die das europäische Verständnis des Schutzbereichs ausmache, hinaus.
Er machte deutlich, dass die Definition von Kommunikation grundlegend sei, um eine Zuordnung unter den Schutzbereich vorzunehmen. Die Frage lautete, ob Kommunikation nur ein Ausdruck durch Sprache sei oder auch andere Formen der Kommunikation in den Schutzbereich fielen. Laut Prof. Bezemek müsse auch symbolische bzw. nicht-sprachliche Kommunikation in den Schutzbereich fallen. Doch wie kann man nun Abgrenzungen treffen, bzw. analysieren, ob es sich um Kommunikation im Sinne des Schutzgegenstandes der freien Meinungsäußerung handelt?

Um diese Frage zu klären, hat Prof. Bezemek drei Kriterien entwickelt. Erstens müsse die Absicht zur Kommunikation vorliegen. Zweitens müsse die Kommunikation eine inhärente Symbolik beinhalten. Drittens müsse eine kontextbedingte Rezeption vorliegen. Insgesamt solle derjenige, der kommuniziert, auch bereit sein zu kommunizieren. Außerdem bestehe die Frage, ob es auf den Inhalt der Aussage ankomme und dieser ausschlaggebend für die Subsumtion eines Aktes der Kommunikation unter die freie Meinungsäußerung sei. Abschließend komme es dabei aber auch auf den Kontext einer Äußerung an, die der Kommunikation eine unterschiedliche Symbolik zugrunde lege.

Prof. Bezemek schloss den Vortrag mit der Feststellung, dass wir oftmals kommunizieren würden, ohne dass wir es wahrnähmen. Daraus sei die Erkenntnis zu gewinnen, dass es Kommunikation jenseits der Interaktion gebe und somit auch der Schutzbereich der freie Meinungsäußerung weiter aufzufassen sei, als wie es die gängige Interpretation des Art. 10 EMRK nahelegen würde. Freie Meinungsäußerung in der weiten Auslegung sei damit mehr als nur umfassender Kommunikationsschutz. Aufgrund dieser Schlussfolgerungen formulierte Prof. Bezemek seine zentrale Botschaft an die Anwesenden skeptisch gegenüber der Dichotomie des Art. 10 EMRK zu sein und die Augen für ein weites Verständnis des Schutzgegenstandes der freien Meinungsäußerung zu öffnen.

Text: Julia Peters

2024-4 Mai 2024 2024-6
 
 
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