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Exkursion “Grenzüberschreitende Zusammenarbeit"
Exkursion “Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Ungarn, Slowenien, Kroatien und Serbien” der Lehrstuhls für Diplomatie

Es ist 7:00 Uhr vor dem Gebäude der Andrássy Universität in Budapest. Während die ersten Teilnehmer der Exkursion nach und nach eintreffen, sortieren Herr Dr. Kreft und Frau Patarcsits die Gastgeschenke und verladen sie in den Bus, der uns die nächsten 5 Tag durch Ungarn, Slowenien, Kroatien und Serbien fahren wird. Die Vorfreude ist unter allen Teilnehmern sehr groß, da endlich wieder eine Präsenzveranstaltung stattfindet und dann auch gleich eine mehrtägige Exkursion.

Der erste Stopp führte uns zum ungarischen Ort Zalaegerszeg wo die Exkursionsgruppe vom stellvertretenden Bürgermeister Zoltán Bali empfangen wurde. Es folgten interessante Gespräche mit den Verantwortlichen von InterReg-Projekten. Nach einer Mittagspause wurden die Gespräche fortgesetzt und diverse Projekte vorgestellt. Anschließend ging es weiter nach Lendava in Slowenien, wo Gespräche mit dem Bürgermeister Janez Magyar, dem Präsidenten der ungarischen Gemeinschaft Ferenc Horvath und weiteren Verantwortlichen von InterReg-Projekten. Spannend zu erfahren war zudem, dass im Ort Lendava mit seiner geringen Einwohnerzahl ein ungarischer Konsul ansässig ist. Dies zeigt noch einmal deutlich, wie eng sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in dieser Region zwischen Ungarn und Slowenien gestaltet, was im Gespräch mit Konsul Zoltan Márky ebenfalls verdeutlicht wurde.

Am Nachmittag folgte die Weiterfahrt zur slowenischen Hauptstadt Ljubljana. Bekannt für seine Weinanbaugebiete durfte im Reisegepäck selbstverständlich nicht der Wein aus Lendava fehlen, der als Geschenk des Bürgermeisters jedem Teilnehmer mitgegeben wurde. Da keine Gespräche an dem Tag mehr folgten, gab es noch die Möglichkeit, sich ein wenig Ljubljana anzuschauen und entlang des Ufers der Ljubljanica zu Abend zu essen sowie zur Burg hochzulaufen, von wo aus man sich einen Überblick der Stadt verschaffen konnte.

Morgens ging es dann gleich weiter zur Residenz der deutschen Botschafterin bzw. des Botschafters. Wieso diese Zweiteilung fragt man sich? Dies hat einen eher ungewöhnlichen Grund. Botschafterin Natalie Kauther teilt sich nämlich zusammen mit Ihrem Ehemann den Posten. Dies sei beim Auswärtigen Amt nicht üblich, in ihrem Fall hätte man sich jedoch darauf eingelassen, worüber beide sehr glücklich sind. Zum Ende der Gespräche begrüßte uns dann auch gleich noch ihr Ehemann, der vom Ausführen des Hundes wieder nach Hause kam. Ebenfalls in der Residenz folgten mit Tina Vuga, der Head of the Unit for International Cooperation des slowenischen Bildungsministeriums, zusammen mit studentischen Mitarbeitern ein weiterer Austausch. Danach folgte im ungarischen Kulturzentrum ein Gespräch mit Andor Ferenc Dávid, dem Botschafter Ungarns.

Nachdem die erste Hauptstadt auf der Exkursion hinter sich gelassen wurde, folgte in Kocevje, nahe der kroatischen Grenze, ein Gespräch mit Dr. Vladimir Prebilič, dem Bürgermeister des Ortes und gleichzeitig auch Leiter der slowenischen Delegation des Kongresses lokaler und regionaler Politiker im Europarat. Am selben Tag erreichte man am Abend dann die zweite Hauptstadt - Zagreb in Kroatien. Auch hier hatten die Exkursionsteilnehmer die Möglichkeit, eine kleine Sightseeing-Tour auf eigene Faust durchzuführen. Die Gruppe verteilte sich auf verschiedene Orte nahe dem Hotel oder in der Innenstadt. Manche wollten sich die kulinarischen Spezialitäten des Balkanlandes wie etwa Cevapcici nicht entgehen lassen. Dennoch hieß es am nächsten Morgen früh aufstehen, um sich mit dem Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zagreb Holger Haibach zu treffen, der uns bereits erwartete und freundlich empfing sowie anschließend einen spannenden Einblick in die Arbeit der Stiftung vor Ort gewährte.

Die danach folgenden Gesprächsreihen in der Universität Vern waren zeitlich straff organisiert und so ging es nach einem Vortrag des Universitätsrektors Dr. Vlatko Cvrtila, in dem er uns einen Überblick über die Arbeit seiner Universität gab, auch gleich los. Der erste von insgesamt vier Vorträgen inklusive der daran anschließenden Fragerunden war Dr. Gordan Akrap, Vorsitzender des Hybrid Warfare Research und Organisator des Zagreb Security Forums. Auf die ersten zwei spannenden und anregenden Stunden folgte eine Kaffeepause, in der die Exkursionsteilnehmer u. a. dazu genutzt wurde, sich über die angesprochenen Themen der Vorträge auszutauschen. Im nächsten Vortrag erzählte Vanja Mladineo, Direktorin des Zentrums für Demokratie und Rechtswissenschaften, wie es um die Demokratie in Kroatien bestellt ist. Das in dem Land sich auch junge Menschen in der Politik engagieren, bewies Ivan Vidiš, Staatssekretär im Arbeitsministerium und Mitglied der Partei HDZ sowie Vorsitzender deren Jugendorganisation. In seinem Vortrag lag der Fokus u. a. auf den Problemen junger Menschen, eine gute Ausbildung und  einen Arbeitsplatz zu finden sowie möglichen Lösungsansätzen. Bedingt durch die Pandemie konnte der geplante Besuch des kroatischen Außenministeriums und des Parlaments leider nicht stattfinden. So kam der Abgeordnete und Vertreter der ungarischen Minderheit in Kroatien, Robert Jankovics, kurzerhand zu uns in die Universität Vern.

Nach dieser Vortragsreihe ging es zum Mittagessen in die Innenstadt, um anschließend gestärkt mit verschiedenen, regional typischen Gerichten vom Grill vor der Kathedrale von Zagreb wieder vom Bus abgeholt zu werden. Diesmal ging es in das kroatische Dorf Bestovje, wo es mit den nächsten Vorträgen von Vertretern des Racviac-Centre for Security Cooperation weiterging. Jeronim Bazo, Direktor dieser Einrichtung begrüßte uns recht herzlich und übergab an eine Mitarbeiterin, die uns Racviac kurz vorstellte. Anschließend folgten weitere Vorträge vom stellv. Vorsitzenden Slaven Zdilar und Boško Rotim, die uns vermittelten, inwiefern deren Organisation den Dialog und die Zusammenarbeit bezüglich von Sicherheitsfragen in Südosteuropa fördert. Die Redner und einige weitere Angehörige dieser Organisation sind allesamt entweder überwiegend aktive und ehemalige Militärangehörige oder kommen aus der Politik sowie anderen zivilen Bereichen. Nach einem abschließendem Gruppenfoto ging es schnell wieder zurück nach Zagreb, um im Restaurant Wespa Spaces zusammen mit der ungarischen Gesandtin in Zagreb und Vertretern der KAS zu Abend zu essen.

Am nächsten Morgen ging es weiter in die viertgrößte Stadt Osijek, nahe der Grenze zu Serbien. Hier spürte man sehr deutlich, aus welchem Grund eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit für ein friedliches Zusammenleben von Bedeutung ist. Auf dem Weg nach Osijek, aber auch im Stadtkern selbst konnte man an den Fassaden noch einige Spuren des jugoslawischen Bürgerkriegs der 1990er Jahre erkennen. Im Rathaus begrüßten uns der Bürgermeister von Osijek, Ivan Radić und der stellv. Präfekt (Gespann) der Region, deren Mitarbeiter uns anschließend einen Einblick in die bestehenden und geplanten Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den Nachbarn in Ungarn, Serbien und Bosnien-Herzegowina.

Während der anschließenden Weiterfahrt Richtung serbischem Sombor dann eine Überraschung, mit der die Exkursionsteilnehmer ungewollt mit den fortbestehenden „Herausforderungen“ die Aspekte von missglückter grenzüberschreitender und bilateraler Zusammenarbeit in Europa konfrontiert wurden. Am serbischen Grenzposten angekommen hieß es erstmal - Kein Durchkommen! Der Grund: Weil Deutschland die serbischen Impfzertifikate nicht anerkennt, werden als Reaktion darauf andersherum europäische Impfzertifikate, die in Deutschland ausgestellt wurden nicht akzeptiert. Nach langem Hin und Her mit den Grenzbeamten, die für diese Misere natürlich nichts konnten, wurde uns empfohlen, über Ungarn nach Serbien einzureisen, weil dort die Zertifikate kaum kontrolliert werden. Daraufhin folgte eine kleine Odyssee bei der man von serbischer Seite nach Kroatien und dann nach Ungarn einreiste, um schlussendlich von dort aus dann endlich die serbische Grenze überqueren zu dürfen. Das nennt man dann wohl Praxis der Diplomatie. Immerhin gab es bei dem ganzen Unterfangen dennoch ein Highlight - Die Überquerung der Donau via Fähre beim ungarischen Mohács, um zum Grenzposten zu gelangen.

Mit fünf Stunden Verspätung in Sombor angekommen reichte die Zeit leider nicht mehr aus, um sich die Stadt anzuschauen. Auch das Gespräch mit der ehemaligen Bürgermeisterin fiel aus.  Es blieb beim Abendessen mit - wen wundert es - deftigen aber sehr leckeren Grillplatten und tollen Salaten. Zum Highlight des Abends gehörte die Besichtigung des größten gemalten Gemäldes von der Schlacht von Zenta im Jahre 1697.

Während der Besichtigung gelang es Monika Patarcsits ein weiteres großes Problem zu lösen: Da wir morgens bereits um 8:30 in Zagreb losgefahren waren, hatte der Busfahrer inzwischen die erlaubte Fahrzeit überschritten. Wir hatten uns bereits darauf eingestellt im Bus zu übernachten und unsere in Belgrad gebuchten Zimmer nur zum frühmorgendlichen Duschen zu erreichen. Doch Frau Patarcsits gelang es tatsächlich in Sombor einen Bus nebst zwei Fahrern zu engagieren, die uns sicher nach Belgrad brachten.

Endlich – es war bereits nach Mitternacht -  in der serbischen Hauptstadt angekommen, hatten wir das Vergnügen, im legendären Hotel Jugoslavija untergebracht zu werden. Legendär aus dem Grund, da es zu seiner Zeit im ehemaligen Jugoslawien das luxuriöseste und größte Hotel gewesen ist und berühmte Persönlichkeiten wie Präsident Tito, Königin Elisabeth II., Jimmy Carter, Willy Brandt und Neil Armstrong dort nächtigten.

Am nächsten Morgen wollte man ursprünglich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum nächsten Treffen fahren, allerdings erwies sich das als organisatorisch heikler als gedacht, da jeder Teilnehmer zuerst eine Wechselstube hätte aufsuchen müssen, um sich dann anschließend bei ausgewählten Kiosken ein Ticket kaufen zu können. Daher warteten am nächsten Morgen mehrere Taxis vor der Hoteleinfahrt, die bei Ankunft vor dem ungarischen Kulturzentrum einen Stau in der Straße auslösten. Dort fand ein spannender Vortrag des ungarischen Botschafters in Serbien, Attila Pintér statt. Er vertrat dabei die Überzeugung, dass Serbien so schnell wie möglich Teil der EU werden sollte und beschrieb die Unterstützung seitens der ungarischen Regierung.

Danach folgte ein Spaziergang zur Konrad-Adenauer-Stiftung, wo uns bereits der deutsche Botschafter Thomas Schieb und Aleksandra Popović, Projektkoordinatorin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der KAS, bereits erwarteten. Dabei wurde u.a. die Neuausrichtung des politischen Systems nach dem Sturz des ehemaligen serbischen Staatspräsidenten Slobodan Milošević angesprochen sowie das Wirken als Botschafter bei verschiedenen heiklen Themen. So sei es laut Schieb wichtig, alle Seiten anzuhören, sich jedoch auf keine Seite zu stellen oder Stellung zu beziehen, da dies das Amt des Botschafters nicht hergebe. Nach dem Mittagessen ging es weiter zu Gesprächen mit studentischen Vertretern der politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Belgrad.

Zum Abschluss des Nachmittags in Belgrad führten die Exkursionsteilnehmer in der Bar des Hotel Jugoslavija ein spannendes Gespräch mit der Leiterin des European Fund for the Balkans, Aleksandra Tomanić. Frau Tomanic warf einen äußerst kritischen Blick auf die politische Landschaft in Serbien und die EU-Integration des Landes. Die anschließende Fragerunde hatte dementsprechend einen großen Redebedarf. Angesprochen wurde u. a. der Umgang mit Graffitis von Kriegsverbrechern der verschiedenen Nachfolgestaaten Jugoslawiens, speziell in Kroatien und Serbien.

Anders als an den anderen Orten hatte man in Belgrad die meiste Zeit, sich die Stadt näher anzuschauen. Dazu gehörten etwa die dieses Jahr neu errichtete Statue vom Großfürsten Stefan Nemanja, der maßgeblich zur Gründung der serbischen Staatlichkeit im 12. Jahrhundert beitrug oder der durch die NATO 1999 zerstörte Generalstab im Zentrum, der als eine Art Mahnmal dient. Zwar wurden Termine im Gebäude der serbischen Nationalversammlung abgesagt, dies hielt die Exkursionsteilnehmer jedoch nicht davon ab, den Bau von außen zu betrachten. Dem folgte ein Abstecher zur Belgrader Festungsanlage mit ihrem schönen Blick über die Donau-Save-Mündung und auf den Stadtteil Neu-Belgrad. Bei manchen gab es ein Abendessen in der berühmten Kafana „Dva Jelena“, zu Deutsch, zwei Hirsche, in dem die Größen der jugoslawischen Kulturszene und Legenden der Volksmusik ihre Auftritte hatten oder ebenfalls dort speisten. Eine Kafana ist in dieser Region weit verbreitet gewesen und es finden sich auch heutzutage noch einige. Dabei handelt es sich um eine Art lokales Bistro oder Taverne, in dem alkoholische Getränke, Kaffee, deftige Speisen und vor allem Live-Musik gespielt wird. In der Skadarlija, einem alten Bohéme-Viertel nahe dem serbischen Nationaltheater, sind solche Orte überwiegend vorzufinden und dort konzentriert. Während sich einerseits einige später ins Hotel begaben, um sich zu erholen, bildeten sich andererseits Gruppen, die entweder spontan auf einem großen Rap-Konzert den Abend ausklingen ließen oder auf den berühmte Partybooten der Stadt, den sogenannten Splavs bis in die tiefe Nacht hinein dem Gerücht der Party-Hauptstadt Europas nachgingen.

Egal für welches Abendprogramm man sich entschied, folgte am frühen Morgen die Weiterfahrt in Richtung Budapest. Auf dem Weg gab es noch äußerst interessante Stopps. In Novi Sad, dem Sitz der Regierung der autonomen Provinz Vojvodina mit seinen vielen Minderheiten wie den Ungarn, Slowaken, Rumänen, Ukrainern, Kroaten und noch vielen mehr folgten Gespräche mit Szakállas Zsolt, Vizepräsident der Provinzregierung, sowie Tamara Kolar, Sprecherin des Sekretariats für Bildung. Außerdem erhielt unsere Gruppe  die Möglichkeit,  den sehenswerten, historischen Sitzungssaal des Provinzparlaments anzuschauen.

 

Im Hotel Pupin folgten Vorträge von Aleksandar Simurdić, Direktor des European Affairs Fund Vojvodina sowie einer seiner Mitarbeiterinnen über Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Region mit den Nachbarländern Ungarn und Kroatien. Nach mehreren Nachfragen und einigen Kaffees ging es weiter zum letzten Halt kurz vor der ungarischen Grenze, der Stadt Subotica, die ähnlich wie Novi Sad für ein multiethnisches Zusammenleben steht, was bereits bei den Ortstafeln, die in serbischer und ungarischer Sprache verfasst sind, auffällt. Nach Vorträgen von Sasa Vucinić, Präsident der freien Wirtschaftszone „FreeZone Subotica“ und ehemaliger Bürgermeister der Stadt, sowie von Živko Topalović, Head of Manufacturing der Firma Flender (ehemals Siemens), die dort Windkraftturbinen für den Weltmarkt produziert, folgte noch eine interessante Werksführung.

Ein schöner Schlusspunkt bildete der Besuch des Rathauses von Subotica (wo gerade eine orthodoxe Trauung stattfand) und der wunderschönen Synagoge, an deren erst kürzlich erfolgter Renovierung sich  auch der ungarische Staat finanziell beteiligt hatte.

Alles in allem war es eine intensive und spannende Exkursion, die für viele Teilnehmer nicht nur einen Einblick in die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ermöglichte, sondern zugleich auch die politische Kultur der bereisten Länder näher brachte und für so manch neue Erkenntnis sorgte.

Nicola PANTIĆ

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