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Europäische Menschenrechstkonvention als lebendiges Instrument am Beispiel der Fallstudie Kozak v. Poland
Vortrag von Dr. Joanna Osijewicz an der AUB

Am 13. Dezember 2017 trug Dr. Joanna Osiejewicz an der AUB vor. Osiejewicz ist als Assistenzprofessorin für Rechtswissenschaften an der Fakultät für Recht und Verwaltung sowie als Direktorin des Labors für Rechtskommunikation an der Universität Zielona Góra, Polen tätig. Sie promovierte in Rechtswissenschaften sowie in Angewandten Sprachwissenschaften.

Ganz am Anfang des Vortrages bedankte sie sich für die Einladung. Nach einer kurzen Vorstellung der Universität und Stadt Zielona Góra ging Osiejewicz in den Kern des Vortrages ein und stellte die EMRK als ein lebendiges Instrument am Beispiel der Fallstudie Kozak v. Poland vor. Laut Osiejewicz solle die EMRK nicht ein „Endspiel“, sondern ein Vertrag sein, ihre Auslegung solle Ziele bezwecken. Im Folgenden wurde die offene Textualität als Auslegungsmethode vorgestellt, die den Charakter der EMRK als lebendiges Instrument determiniere. Der Autor des Konzepts war der österreichische Friedrich Weismann, dessen Auffassung nach die empirischen Konzepte ein wesentliches Merkmal darstellen. Warum sich die offene Textualität in unvorhersehbaren oder nicht vorstellbaren Situationen  zeigt, wurde im nächsten Teil des Vortrages erläutert. Diese genannte Auslegungsmethode von Weismann diene als evolutive Interpretation der EMRK, da sie nach heutigen Bedingungen und Realität interpretiert werden solle und mit den derzeitigen Entwicklungen und Standards Schritt halten solle.

Die offene Textualität als Interpretationsgrundlage wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in 4 Urteilen angewandt, im Tyrer v. UK (1978), Marcx v. Belgien (1979), Karner v. Österreich (2003) und Kozak v. Poland (2010) . Im letzteren ging es um Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens eines homosexuellen Mannes, der nach dem Tod seines Partners im Jahre 1998 wegen seiner sexuellen Ausrichtung diskriminiert wurde und ihm das Recht verweigert wurde, Nachfolger des Mietvertrages der Wohngemeinschaft zu werden. Auf der Grundlage des polnischen Zivilgesetzbuches seien die de facto ehelichen Beziehungen nur zwischen Partnern des anderen Geschlechts anerkannt, damit habe die polnische Regierung Verstoß gegen Artikel 14 begangen -  in Verbindung mit Artikel 8 der Konvention. Die EGMR mache eine seiner bisher stärksten Aussagen dazu, wie eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der sexuellen Ausrichtung in Bezug auf Artikel 14 zu verstehen sei: Homosexuelle Partnerschaft dürfe nicht anders betrachtet werden als nichteheliche Beziehungen, bei Unterscheidung auf Grund des Geschlechts oder sexuellen Ausrichtung sollen zur Rechtfertigung schwerwiegende Gründe vorgebracht werden.

Auf den Vortrag folgten interessante Diskussionen.

 

Bericht von Melinda Maszlag

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