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Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Tschechien
Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften
Vortrag von Dr. Karel Šimka, Richter am Obersten Verwaltungsgericht der Tschechischen Republik.

In seinem Vortrag am 13. April 2016 – organisiert von der Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften – führte Dr. Karel Šimka, Richter am Obersten Verwaltungsgericht der Tschechischen Republik, in die historischen und prozessualen Grundlagen, die Organisation sowie in aktuelle Fragen der modernen tschechischen Verwaltungsgerichtsbarkeit ein.

Nach einem kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Gerichts in der Zeit des österreichischen Kaiserreichs und während des Kommunismus, stellte Šimka zunächst das Verwaltungsgericht in der Form vor, wie es zwischen 1992 und 2002 existierte. Aufgrund seiner noch starken Prägung durch den Sozialismus sei es damals durch das Verfassungsgericht stark kritisiert worden. So sei es im Jahr 2003 dann zu einer umfassenden Reform gekommen: Die Landesgerichte seien im Rahmen dieser Reform zu Gerichten der ersten Instanz umgewandelt worden, während ein selbstständiges Oberstes Verwaltungsgericht als Gericht der zweiten und letzten Instanz geschaffen worden sei. Dieses noch junge Verwaltungsgericht verfüge laut Šimka über eine große Macht und einen großen Einfluss, der sich vor allem in den Bereichen der Wirtschaft, der Umwelt und des politischen Prozesses widerspiegele. Nach der historischen Entwicklung wandte sich der Vortragende der Organisation und dem Verfahren des Obersten Verwaltungsgerichts zu. Nach einem detaillierten Überblick über die Zusammensetzung ging Šimka zudem auf die Klagearten und Rechtsmittel des Gerichts ein.

Weiterhin betonte Šimka die wichtige Rolle der Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts. Demnach zeichne sich die heutige Rechtsprechung durch eine starke Verfassungskonformität aus. Neben diesem Anspruch, der eigenen Verfassung gerecht zu werden, lege das Gericht zudem einen großen Wert auf die konforme Auslegung mit dem Europarecht. Außerdem kontrolliere es das Verwaltungsermessen, um Ermessensmissbrauch und Willkür zu verhindern. Durch diese Praxis hebe es sich deutlich zu dem alten Gericht der 90er Jahre ab. Seit dem Neuanfang im Jahre 2003 habe sich ein neuer Ethos entwickelt, der vor allem durch den damaligen Gerichtspräsidenten, den Šimka als Visionär bezeichnet, vorangetrieben worden sei. Es handele sich heute um ein diskussionsfreudiges Gericht, welches sich durch ein Personal mit unterschiedlichen akademischen Hintergründen durch eine gewisse Offenheit auszeichne.

Zuletzt ging Šimka auf den Einfluss der Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts auf die Verwaltung ein. Er bescheinigte dem Gericht einen großen Einfluss, wobei die Verwaltung zwar teilweise Kritik ausübe, die Rechtsprechung aber trotzdem weitestgehend annehme und akzeptiere. Vielmehr stünden Gericht und Verwaltung in einem ständigen Austausch. Auch die intensive Kommunikation mit der Öffentlichkeit zeichne die Arbeit des Verwaltungsgerichts aus. Dabei sei das Gericht stets bedacht, seine Arbeit transparent zu gestalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Abschließend betonte er nochmals die wichtige Rolle des Gerichts im tschechischen Verfassungsgefüge und hob hervor, dass es sich durch eine gute Stabilität auszeichne.

Text: Arielle Ritter

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