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Die Relevanz der Verfassungstheorie
Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften
Vortrag von Prof. Dr. Uwe Volkmann, Professor für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Goethe-Universität (Frankfurt am Main).

Auf der Veranstaltung des Budapester Arbeitskreises für Verfassungstheorie in Kooperation mit dem Institut für Rechtswissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und der Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften (VSR) an der AUB am 17. Februar 2016 stellte Prof. Volkmann sein Buch ,,Grundzüge einer Verfassungslehre der Bundesrepublik Deutschland” sowie seinen Aufsatz ,,Rechts-Produktion oder: Wie die Theorie der Verfassung ihren Inhalt bestimmt” vor.

Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Michael Anderheiden, Dekan der Fakultät VSR, eröffnet, der vor allem auf die Biographie und die wissenschaftliche Agenda Uwe Volkmanns einging. Prof. Volkmanns Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Verfassungstheorie, der Grundrechte, der Grundlage des deutschen Verfassungsrechts und dem Polizeirecht.

Im ersten Teil seines Vortrages stellte Prof. Volkmann vier verschiedene exemplarische Verfassungstheorien vor, da seiner Auffassung nach jede Interpretation der Verfassung ihren Ausgang von einer bestimmten Theorie der Verfassung nehme. Als erste Verfassungstheorie nannte er ,,die Verfassung als Gesamtentscheidung über Art und Form der politischen Einheit” von Carl Schmitt. Als zweites sprach er die Verfassungstheorie des juristischen Positivismus von Hans Kelsen an, die das Verständnis der Verfassung in Österreich bis heute sehr stark präge. Danach nannte er die Integrationslehre von Rudolf Smend, die die Verfassungsanwendung der Bundesrepublik beeinflusst habe, sowie die Interpretation der Verfassung als Gerechtigkeitsordnung, welche sich wesentlich in der heutigen Verfassungspraxis der Bundesrepublik widerspiegele.

Die Leitfrage ,,Was ist eigentlich eine Verfassung?” beherrschte den zweiten Teil des Vortrages. Prof. Volkmann nutzte für die Antwort auf diese Frage seine Grundthese, wonach ein allgemeiner Verfassungsbegriff die Verfassung in bestimmten Grundstrukturen beschreibe, was bedeute, dass jede Gesellschaft ihren eigenen Verfassungsbegriff und ihre eigene Grundvorstellung von einer Verfassung herleite. Im Sinne dieser Grundannahme würden sich verschiedene klassische Gegensatzpaaren entfalten. Das erste und älteste Gegensatzpaar beziehe sich auf die Geltungsweise der Verfassung im empirischen oder soziologischen Sinne und der Verfassung im normativen Sinne. Beim zweiten Gegensatzpaar handele es sich um die Besonderheit der Verfassung, dass diese sich von anderen Rechtsnormen unterscheide. Diese Besonderheit sei im formellen und materiellen Sinne sichtbar. Als drittes Gegensatzpaar stellte er den Gegensatz zwischen einer herrschaftsbegründeten (z. B. in den USA und in Frankreich) und einer herrschaftsbegrenzenden (z. B. in Deutschland) Verfassung dar. Mit dem vierten Gegensatzpaar zeigte er, wie sich Verfassung an die politische Wirklichkeit knüpfe. Dabei unterscheide man zwei Grundmodelle: die limitierende und programmatische Verfassung. Als limitierende Verfassung habe die Verfassung vor allem die Aufgabe, die Staatsgewalt zu begrenzen. Man begreife die Auslegung der Grundrechte als Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Eine programmatische Verfassung habe dagegen die Aufgabe, politisches Handeln für die Zukunft „zu programmieren“ und in eine bestimmte Richtung zu lenken. Das fünfte Gegensatzpaar stellte das Verhältnis der Verfassung zur außerrechtlichen Sinnsysteme wie Kultur, Moral, Ethik, Philosophie dar. Hier unterschied Prof. Volkmann ebenfalls zwei Modelle. Einerseits entspreche die Rechtsverfassung den juristischen, staatsrechtlichen Positivismus, andererseits beruhe die rechtsethische Verfassung auf einer starken Öffnung zu den Sinnsystemen der Moral und Ethik. Das letzte Gegensatzpaar bezog sich auf das Verhältnis der Verfassung zu der zuordneten Wirklichkeit. Die verschiedenen Verfassungslehren ließen sich laut Prof. Volkmann in die Ordnungstheorie und in die Prozesstheorie einteilen.

Prof. Volkmann schloss seinen Vortrag mit der Diskussion über die Funktion der Verfassung. Dazu gehöre unter anderem der Gerechtigkeitsanspruch, die Grundlage der politischen Gemeinschaft, die Auswirkungen auf die Rechtsordnung, und die normative Anwendung der Verfassung.

Text: Aliz Maletics

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