Wie wird die Forschungsleistung eines Wissenschaftlers/einer Wissenschaftlerin eigentlich beurteilt?Welche wissenschaftlichen Zeitschriften gelten als relevant? Wer hat bessere Chancen auf eine Förderung? Eine wichtige Komponente der Forschungsbewertung machen statistische und mathematische Methoden aus. So wird etwa die Zahl der Publikationen und der Zitationen einer/eines Forschenden herangezogen oder der Impact Factor von wissenschaftlichen Zeitschriften, in denen sie veröffentlichen, ermittelt. Für ForscherInnen bedeutet das, dass sie sich auf das Publizieren konzentrieren müssen, und zwar auf möglichst anerkannten Plattformen.
Den Druck zu Publizieren (auf Englisch heißt es „publish or perish“ – „publiziere oder stirb“) kennen auch die AUB-ForscherInnen sehr gut. Ob es um das Voranbringen der eigenen wissenschaftlichen Karriere oder die Akkreditierung unterschiedlicher Lehr- und Forschungseinrichtungen der AUB geht, regelmäßige Publikationstätigkeit ist unerlässlich. Neben einer Vielzahl an anderen beruflichen Verpflichtungen – Lehrtätigkeit, Aufgaben in der Universitätsadministration, Drittmittelakquise, Teilnahme an und Organisation von Veranstaltungen, Teilnahme an Peer Review Prozessen, usw. – und der Tatsache, dass in der akademischen Karriere befristete Verträge (und somit ein ständiges Bangen um die eigene finanzielle Stabilität) die Norm sind, ist es wenig überraschend, dass dieser Druck oft als sehr belastend empfunden wird.
Selbstverständlich ist das Teilen von Forschungsergebnissen eine wichtige Komponente der wissenschaftlichen Tätigkeit. Allerdings sind die Indikatoren, die diese Komponente ausschließlich auf quantitativer Grundlage berücksichtigen, sehr vereinfacht. Immer mehr Forschende fordern einen umfassenden, auf qualitativen Methoden basierenden Ansatz zur Forschungsbewertung, in dem quantitative Methoden ergänzend eingesetzt werden, sofern dies sinnvoll ist.
Die Europäische Kommission initiierte daher einen Reformprozess, in den bereits am Anfang über 350 Organisationen involviert waren. Darunter sind Universitäten, Forschungszentren, öffentliche und private Fördergeber, nationale und regionale Behörden, Evaluierungsagenturen und weitere Institutionen, die ein Interesse an der Reform haben. Anfang Januar 2022 wurde der Prozess zur Ausarbeitung einer Vereinbarung zur Reform der Forschungsbewertung eingeleitet. Seit Juli 2022 ist die Vereinbarung fertig und steht allen Stakeholdern zur Unterzeichnung offen. Ziel ist, eine möglichst große Zahl an Organisationen einzubinden, die sich dem Reformprozess verpflichten. Die unterzeichnenden Forschungseinrichtungen bilden die Koalition zur Weiterentwicklung der Forschungsbewertung (Coalition for Advancing Research Assesment – CoARA).
Mitglieder der Koalition verpflichten sich zu 10 Grundsätzen:
Was bedeutet die Unterzeichnung für die AUB?
Unterzeichner der Vereinbarung erklären sich bereit, bis spätestens einem Jahr nach der Unterzeichnung einen Aktionsplan zur Umsetzung der 10 Verpflichtungen zu formulieren. Am Anfang steht eine Bestandsaufnahme, in welchen universitätsinternen Abläufen Forschungsbewertung eine Rolle spielt und wo eine Anpassung an die CoARA-Grundsätze angestrebt werden soll. Geprüft werden muss auch, inwieweit sich die AUB in die Koalition, deren Arbeitsgruppen und das „National Chapter“, den Verband der ungarischen Mitgliedsinstitutionen, einbringen kann. Da die gegenwärtig verwendeten Indikatoren zur Forschungsbewertung oft auch in nationalen Verfahren – beispielsweise in der Ernennung zum/zur ProfessorIn – eine Rolle spielen, kann eine Reform nur dann sinnvoll sein, wenn sie auch vom Gesetzgeber getragen wird. Hier ist ein regelmäßiger Austausch innerhalb des National Chapters sehr wichtig. Abschließend muss die AUB auch ihrer Verpflichtung nachkommen, ihre Fortschritte in der Umsetzung der 10 Verpflichtungen regelmäßig nachzuweisen, und die hierfür geeigneten Kanäle definieren.
Die AUB freut sich, Teil dieses wichtigen Reformprozesses zu sein!
Den Text der Vereinbarung sowie nähere Informationen zu CoARA finden Sie HIER.
Júlia MEDGYESI-NÉMETH