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AUB-Flashlight zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich

Am Mittwochabend, den 9. Mai 2012 referierte Prof. Dr. Wichard Woyke im Spiegelsaal der Andrássy Universität Budapest (AUB) über den Ausgang der Präsidentschaftswahl in Frankreich. Als ausgewiesener Kenner der Politik des Landes konnte er zum Ergebnis der Wahl, dessen möglichen Ursachen und voraussichtlichen Auswirkungen auf die Außenpolitik Frankreichs interessant berichten.

Die „2012 Élection du Président de la République“ führte zu einem Machtwechsel in Frankreich. Das Land ist traditionell in ein linkes und ein rechtes Lager geteilt, jedoch kam die Mehrheit der bisherigen Präsidenten aus dem konservativen Lager. Die Wahl von Francois Hollande, dem bisher zweiten sozialistischen Präsidenten nach Francois Mitterrand, resultierte Prof. Dr. Woyke zufolge hauptsächlich aus dem Wunsch der Franzosen, den bisherigen Präsidenten, Nicolas Sarkozy abzuwählen. Schon seit der Ankündigung der Kandidatur von Holland, die den Ereignissen um den vorherigen inoffiziellen Kandidaten der Linken, Dominique Strauss-Kahn, folge, lag er in den Umfragen vor dem amtierenden Präsidenten. Dieser konnte gegen Hollande auch im Fernsehduell keinen Befreiungsschlag mehr erzielen, und seine Versuche, sich für die Stichwahl bei den Wählern der Front National anzubiedern kam schlecht an, zumal deren Vorsitzende, Marine Le Pen, keine Wahlempfehlung für Sarkozy gegeben hatte. Auch von den weiteren konservativen oder bürgerlichen Kandidaten aus der ersten Runde konnte er keine eindeutige Mehrheit auf seine Seite ziehen, so dass Hollande, der die Unterstützung der anderen linken Kandidaten hatte, die Mehrheit der Wähler hinter sich vereinigen konnte.

Weitere Gründe für die Franzosen, Sarkozy abzuwählen, waren Prof. Dr. Woyke zufolge, die Verschlechterung der ökonomischen Lage, welche viele ehrgeizige Ziele Sarkozys - der den Fehler gemacht hatte, konkrete Zahlen zu nennen, so zum Beispiel die Arbeitslosenquote auf 5% zu senken - zum Scheitern verurteilten. Zudem ist die Präsidentschaft Sarkozys für rund 30% der Schulden des französischen Staates verantwortlich. Schließlich nannte Prof. Dr. Woyke auch die Unterschätzung des Kandidaten Hollande, der der Bevölkerung als wohltuend „normaler“ Gegenpart zum hektisch wirkenden Präsidenten erschien und der sich geschickt mit Francois Mitterrand verglich.

Insgesamt fiel bei der Wahl allerdings eine hohe Zahl ungültiger Stimmen auf, was eine steigende Frustration der Wähler über die gesamte politische Elite widerspiegeln würde.

Das Programm Hollandes setzt Schwerpunkte bei der Rücknahme der Rentenreform, der Erhöhung des Mindestlohnes und der Steigerung des Spitzensteuersatzes. Mit seiner Forderung, den europäischen Fiskalpakt neu zu verhandeln, erregte er natürlich Aufmerksamkeit besonders in Deutschland. Das deutsch-französische Tandem werde aber auch von Hollande als wichtig und als Motor Europas erkannt und Prof. Dr. Woyke ging davon aus, dass Präsident Hollande etwas behutsamer als im Wahlkampf auftreten werde, wenn es darum geht, eine gemeinsame deutsch-französische Position zu finden. Prof. Dr. Woyke trug weiter vor, dass es für Hollande schwer werden wird, die in Ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen, denn die wirtschaftlichen und strukturellen Schwierigkeiten Frankreichs erfordern unpopuläres Handeln. So habe Frankreich einen der größten Staatssektoren Europas, die Privatwirtschaft drohe den Anschluss zu verlieren und die Schulen schneiden im europäischen Vergleich schlecht ab.

Die demnächst stattfindende Parlamentswahl wird zudem zeigen, ob Hollande in den nächsten Jahren mit der Unterstützung einer linken Mehrheit des Parlaments regieren kann oder ob es eine „Cohabitation“ mit einer konservativen Parlamentsmehrheit geben wird.

Text: Sven Dietz

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