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2. Europakonferenz “Europäische Perspektiven”
Unter dem Titel “Die EU auf dem Weg zu neuer Stärke?" fand am 19. und 20. Oktober 2023 die zweite Europakonferenz in der Reihe “Europäische Perspektiven” an der Andrássy Universität Budapest statt.

Die Konferenz wurde in Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung durchgeführt. Eröffnet wurde die Veranstaltung am Abend des 19. Oktobers 2023 mit Grußworten von Prof. Zoltán Tibor Pállinger, dem Rektor der AUB, und Dr. Markus Ehm, dem Regionalleiter der Hanns-Seidel-Stiftung.

Es folgte die Keynote Speech des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien Nordrhein-Westfalens sowie Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski. Ausgehend von einer geschichtlichen Tour d’Horizion arbeitete er die wichtigsten Herausforderungen heraus, für deren Bewältigung die Europäische Union Antworten finden muss. Dabei hob er die enorme Relevanz der Zusammenarbeit, unter anderem von Deutschland und Ungarn, hervor. Liminski betonte, wie wichtig es sei, die EU handlungsfähig zu machen und Lösungen für diskutierte Themen zu finden. Dazu forderte er, die EU grundlegend zu reformieren, da deren Verfahren momentan noch zu langsam und zu umständlich seien.

Der zweite Tag der Konferenz wurde von Prof. Ellen Bos, Prorektorin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Andrássy Universität Budapest, eröffnet. Im Laufe dieses Tages wurden vier Panels durchgeführt:

 

Panel 1: Geopolitik – Europa als Spielball oder eigenständiger Akteur?

 

Dr. Tamás Matura zeigte in seinem Vortrag die Entwicklung des  politischen Einflusses Chinas in Europa, insbesondere in Mittel- und Osteuropa, auf. Nach Jahren der Expansion, so Matura, sei dieser aufgrund der jüngsten Krisen wie der Covid-19 Pandemie und dem russisch-ukrainischen-Krieg etc. zurückgegangen.

Dr. Sárka Cabadová Waisová gab einen Überblick über die Entwicklung der Außenpolitik Tschechiens. Dabei ging sie besonders auf die Beziehungen des Landes zu Russland und China ein. Sie betonte, dass die Beziehungen zu diesen beiden Ländern nicht unabhängig voneinander begriffen werden können. Sie hielt fest, dass sich Tschechien aufgrund der Annäherung Chinas zu Russland zunehmend von China distanziere. Cabadová Waisová wies aber auch darauf hin, dass auch die Außenpolitik der USA in Tschechien zunehmend auf Unverständnis treffe, sodass sich auch diese Beziehung abschwäche.

Im letzten Vortrag dieses Panels analysierte Dr. habil. András Hettyey das Verhältnis Ungarns zur EU. Ausgehend von einigen Hypothesen machte er deutlich, dass sich die Strategie der EU in einer „Wende“ befinde. Dies zeige sich darin, dass sicherheitspolitische Instrumente und das Streben nach mehr Machtpolitik anstelle von Menschenrechten in den Vordergrund rückten, was von Ungarn nur begrenzt mitgetragen werde, sodass es vermehrt zu Konflikten zwischen der EU und Ungarn komme.

 

Panel 2: Europäische Sicherheit zwischen GASP und NATO

 

Das zweite Panel eröffnete Dr. Thomas Mayr-Harting. Sein Vortrag behandelte die Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine. Er wertete diesen als Weckruf für die Sicherheitspolitik der Europäischen Union. Er hob hervor, dass sich der Zusammenhalt der Mitgliedstaaten entgegen allen Befürchtungen als stabil erwiesen habe und die Union ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellte. Dies belegt nicht zuletzt die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen Russland.

Prof. Dr. Dr. hc. Herbert Küpper stellte sich in seinem Vortrag die Frage, wie der militärische Handlungsspielraum der EU im rechtlichen Sinne festgelegt und die Errichtung einer gemeinsamen Verteidigung im europäischen Raum juristisch umsetzbar sei. Dabei betrachte er auch die Zusammenarbeit von EU und NATO. Er kam zu dem Ergebnis, dass die NATO als primäre Verteidigungsorganisation allein die europäischen Sicherheitsprobleme nicht lösen könne. Stattdessen seien bereits einige Instrumente im Gesetz vorhanden, die dem Europäischen Rat einen Handlungsspielraum gewähren, in Zukunft einen gemeinsamen Raum der militärischen Sicherheit einzurichten.

Prof. Dr. Margareta Mommsen beschäftigte sich mit dem Sicherheitsverständnis Russlands in der Ära Putin. Dabei zeigte sie, dass sich das Konzept der Sicherheit nicht allein aus “harten” geopolitischen Faktoren, sondern auch aus ideologischen und traditionellen Einflüssen speist. Hauptziel der russischen Sicherheitspolitik sei nicht nur die bloße Abwehr militärischer Gefahren, sondern auch die Bewahrung der “geistig-moralischen” Grundlagen der Nation. Mommsen hob hervor, dass es seit März 2021 einen Wandel in der russischen Sicherheitspolitik gegeben habe, der zunehmend mit der paranoiden Bedrohungsvorstellung verbunden sei, dass der Westen Russland vernichten wolle.

 

Panel 3: Krisen als Treiber der Integration

 

Prof. Dr. Michael Gehler zeigte anhand von zwölf verschiedenen Meilensteinen der europäischen Integrationspolitik zwischen 1950 und 2023 auf, dass Krisen durchaus genutzt werden können, um Handlungsspielräume zu erweitern und die Integration weiter voranzutreiben. Apl. Prof. Dr. Mariano Barbato setzte sich in seinem Vortrag mit der Krise der Politisierung auseinander. Diese Krise müsse im Zusammenspiel der Innen- und Außenpolitik begriffen werden. In diesem Zusammenhang diskutierte er Möglichkeiten, wie diese Krise produktiv bewältigt werden könnte.

Prof. Dr. Zoltán Tibor Pállinger stellte sich in seinem Vortrag die Frage, ob Integration durch Krisenbewältigung möglich sei, und warf dafür einen Blick auf die Nationalgeschichte der Schweiz. Er zeigte, wie verschiedene Entwicklungsblockaden und die damit verbundenen krisenhaften Erscheinungen Anreize für kreative Problemlösungen boten, welche ihrerseits halfen, die Integration weiter voranzutreiben. Diese Entwicklung gipfelte in der Schaffung des modernen Bundesstaats 1848. Pállinger verwies auf parallele Entwicklungsmuster der schweizerischen und europäischen Integrationsgeschichte.

 

Panel 4: Europäische Wertegrundlage – zwischen Erosion und Neufundierung

 

Prof. Dr. Detlef Sack ging in seinem Vortrag der Frage nach, ob die gegenwärtige Häufung der Krisen zu einer Erosion oder doch eher zu einer Neuerfindung der Demokratie in Europa führen würde. Er zeigte auf, dass sich das sogenannte Democratic Backsliding vor allem in der inkrementellen Erosion grundlegender individueller und politischer Rechte sowie der Machtverschiebung zur Exekutive manifestiere. Allerdings ließe sich dieser Prozess nicht einseitig als negativer Trend begreifen, da gleichzeitig auch demokratische Innovationen und Regierungswechsel vorkommen. Vielmehr sei ein interdependentes „Durchwursteln“ und eine Vertiefung der Integration in Krisen zu beobachten.

Ausgehend von der parallelen Dekonsolidierung der Demokratie in Ungarn und Serbien suchte Fanni Elek in ihrem Vortrag nach gemeinsamen Erklärungsmustern. In beiden Ländern ließen sich Klientelismus, State Capture und eine exklusive Identitätspolitik beobachten. Das Vorliegen dieser drei Elemente legt die Verwendung des Konzepts des Cäsarismus nahe. Dabei lässt sich festhalten, dass eine solche Art der Politik nicht mit den Werten der EU kompatibel sei. Zum Ende ihres Vortrags stellte sie drei mögliche Szenarien bezüglich der Entwicklung dieses Zustands in den beiden Ländern vor.

Prof. Dr. Ellen Bos setzte sich in ihrem Vortrag mit der Frage auseinander, inwieweit die in Art. 2 EUV verankerten Werte EU noch eine gemeinsame Wertegrundlage der Mitgliedstaaten darstellen. Die Grundannahme, dass der EU-Beitritt ein dauerhaftes Bekenntnis zu den herrschenden EU-Werten darstelle, habe sich durch die Prozesse des Democratic Backsliding in mehreren Mitgliedstaaten als falsch erwiesen. Konkret lässt sich, so eine populäre These, eine Ost-West-Spaltung in der EU beobachten. Bos diskutierte mehrere Ansätze, um diese Spaltung zu erklären sowie empirische Befunde. Sie hob dabei hervor, dass empirische Untersuchungen zeigen würden, dass in allen Mitgliedstaaten der EU die in Art. 2 EUV verankerten Werte grundsätzlich breite Unterstützung finden, dass es aber bei Themen wie Migration, Genderfragen, nationale Identität Trennlinien zwischen Ostmittel- und Westeuropa gebe.

In der abschließenden Diskussion wurden die Themen noch einmal vertieft und Handlungsoptionen für die Weiterentwicklung der europäischen Integration erörtert. Zum Schluss dankten die Organisatoren der Hanns-Seidel-Stiftung für die großzügige Unterstützung dieser Veranstaltung.

 

Zoltán Tibor PÁLLINGER

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